Bei Landschaftaufnahmen mag ich es wenn von vorne bis hinten alles schön scharf ist.
1. Einleitung
Zum Thema Fokus Stacking hatte ich kürzlich schon etwas geschrieben und dort meine Vorgehensweise für den Nahbereich beschrieben. In diesem Beitrag möchte ich schildern wie ich bei Landschaftsaufnahmen vorgehe.
Da die Schärfentiefe bei kleiner werdendem Abbildungsmaßstab (Verhältnis zwischen Bildgrösse und Objektgrösse) deutlich zunimmt, kommt man bei typischen Landschaftsaufnahmen in der Regel mit weniger als 5 Einzelbildern aus. Meistens sind drei Aufnahmen (Vordergrund, Mittelgrund und Hintergrund) ausreichend.
2. Vorüberlegungen
Das wichtigste bei Landschafts-Stacking ist : auf dem Bild darf sich nichts bewegen. Das gilt besonders für Bäume, Büsche, Gräser usw. die im Wind hin und her schwanken können. Auch Autos oder Spaziergänger haben hier nichts zu suchen. Bewegtes Wasser in einem Gewässer stört mich hingegen nicht. Das Resultat ähnelt einer Langzeitbelichtung.
Weiterhin ist es ein MUSS das die zu überlagernden Bilder keine Verschiebungen aufweisen. Ansonsten ist mit Geisterbildern im Stack zu rechnen. Am besten wird dies durch Verwendung eines stabilen Stativs gewährleistet. Zu meinen Versuchen ohne Stativ schreibe ich in Kapitel 6 etwas.
Bevor man aber mit dem Stacking loslegt, sollte man sich immer überlegen ob es wirklich notwendig ist. Manchmal kann es auch ausreichend sein etwas abzublenden und die Entfernungseinstellung so zu wählen das der Tiefenschärfebereich ausreichend ist. Stichwort : Hyperfokale Distanz
3. Hard- & Software
Ausser einem Programm zum Stacking der Bilder ist an Software eigentlich nichts weiter erforderlich. Ich verwende Helicon Focus. Um die Schärfentiefe abschätzen zu können, benutze ich auf meinem Handy die Software Photo Pills. Diese ist aber nicht unbedingt erforderlich.
Als Kamera ist jede elektronische Kamera mit den folgenden Vorraussetzungen geeignet : einen Stativanschluss, eine Möglichkeit zur manuellen Belichtung und zur selektiven Festlegung des Fokuspunktes. Die Auslösung kann mit Selbstauslöser oder per Fernauslöser erfolgen. Bei Landschaftsaufnahmen nehme ich meistens den Selbstauslöser der Kamera, manchmal aber auch die Fernauslösung per Handy mit der Nikon-App Snapbridge. Bei Spiegelreflexkameras ist eine Spiegelvorauslösung von Vorteil.
Als Objektiv benutze ich überwiegend das 24-70-er Zoom. Brennweiten von unter 24 erfordern kein Fokus Stacking, da hier die Schärfentiefe auch so ausreichend ist. Als Stativ verwende ich ein Gitzo Traveller und bin sehr zufrieden damit.
4. Workflow
Um an einem trüben Dezembertag zu einem lohnenden Motiv zu kommen, fuhr ich von Leichlingen zum Wipperkotten. Dies ist ein beliebter Fotospot an dem ich schon mehrfach vorbei gewandert bin. Dort machte ich zunächst mal einige Einzelaufnahmen mit unterschiedlichen Fokussierungen deren 1:1 Ausschnitte später noch gezeigt werden.
Für die zu stackenden Bilder wird wie folgt vorgegangen :
1. Die Kamera wird auf dem Stativ montiert und der Bildausschnitt wird festgelegt.
2. Belichtungseinstellungen an der Kamera erfolgen manuell : ISO 64 / Blende 5,6 / Belichtungszeit je nach Lichtverhältnissen.
3. Der Autofokus der Kamera wird auf Einzelfeldmessung gestellt.
4. Der Auslösemodus wird auf Selbstauslöser eingestellt und es werden 5 sec. als Vorlaufzeit festgelegt.
5. Unter Sucherkontrolle wird das Fokusfeld auf den Vordergrund (einer der Steine) geschoben.
6. Der Auslöser wird zum ersten Druckpunkt betätigt bis das Fokussierfeld grün aufleuchtet. Dann wird durchgedrückt und der Selbstauslöser wird gestartet.
7. Die Schritte 7 und und 8 werden für den Mittelgrund und den Hintergrund wiederholt.
Die drei Bilder werden, wie in einem anderen Beitrag beschrieben, in das DNG-Format umgewandelt und in Ligthroom importiert. Das weitere Vorgehen und das Stacking mit Helicon Focus wurde bereits in meinem ersten Beitrag zum Stacking kurz geschildert.
Das gestackte Bild speichere ich als DNG und bearbeite es genau so weiter wie meine anderen Bilder.
Wer möchte kann sich das Beispiel-Bild in grösserer Auflösung (16 MB) als Zip-File runter laden : Wipperkotten-16MB.
5. 1:1 Ausschnitte
Die Vorteile eines gestackten Bildes sind im Internet nicht so ohne weiteres zu erkennen. Dazu ist die übliche Auflösung / Bildgrösse auch auf meiner Website viel zu gering. Für eine Darstellung in voller Auflösung müßten über 30 MB grosse Dateien geladen werden. Da geht jeder Webserver in die Knie bzw. die Ladezeiten werden unvertretbar lang. Daher habe ich einige 1:1 Ausschnitte des Beispielbildes und der vorherigen Testaufnahmen angefertigt.
Bei dem ersten Bild wurde auf den Vordergrund fokussiert. Vorne ist das Bild scharf und hinten unscharf, wie man an den beiden Ausschnitten im Originalmassstab erkennen kann :
Hier ist es umgekehrt. Bei dem zweiten Testbild wurde auf den Hintergrund fokussiert, der nun scharf ist. Dafür ist es vorne unscharf :
Der Stack aus drei Bildern (Fokussierung auf : Vordergrund, Mitte und Hintergrund) sieht dann so aus, es ist tatsächlich alle scharf von vorne bis hinten :
Das Stacking kann u.U. durch Doppelbilder / Artefakte beeinträchtigt werden. Diese treten besonders bei Gegenständen auf die in das Bild hineinragen. Also z.B. Äste oder Gräser im Vordergrund, besonders dann wenn es nicht absolut windstill ist. Ein wenig war das auch hier der Fall. Da hat das Stativ dann auch nicht geholfen. Wenn man kein Stativ dabei hat, kann man versuchen sich mit einer kleineren Blende, erkauft durch höhere ISO-Einstellung mit einer Einzelaufnahme zu behelfen. Das geht zwar, aber das höhere Bildrauschen ist doch schon deutlich zu erkennen :
6. Ohne Stativ
Natürlich fragt man sich : Muss das sein, ein Stativ ? Geht es nicht auch ohne ? Die Antwort ist ein klares : Jein.
Schon mit meiner Vorgängerkamera hatte ich gelegentlich versucht die Einzelaufnahmen aus der Hand zu machen. Die Ergebnisse waren eher durchwachsen. Beim Verstellen des Fokusfeldes gelang es mir nur selten die Kamera ohne Verschwenkung zu halten. Das Resultat waren dann doppelte Äste, Gräser etc. auch bei absoluter Windstille.
Neuere Kameras bieten vielfach die Möglichkeit eines sog. Fokusbracketings. Dabei wird für das erste Bild auf den gewünschten Vordergrund fokussiert. Die Kamera macht dann automatisch die Einzelbilder bis zur Entfernung unendlich.
Da meine Z7 diese Methode ebenfalls anbietet, habe ich das natürlich ausprobiert. Hierzu muss man im Kameramenü die Anzahl der gewünschten Einzelbilder einstellen und die Schrittweite für die Fokusverschiebung angeben. Das ganze ist ein bischen ein Probierspiel, da man nicht genau angeben kann fokussiert wird. Weiterhin muss man die Kamera exakt fest am Auge halten und gleichzeitig das Menü mit Knöpfen an der Kamera bedienen. Das etwas frickelig und erfordert einige Übung. Also waren auch hier meine Bemühungen durchwachsen.
7. Weitere Beispiele
Das folgende Bild wurde noch mit der D800 und dem 24-70-er 1:2.8 gemacht. Belichtet wurde bei ISO 64 mit Blende 11 für 0.4 sec. Die Kamera war auf einem Stativ :
Hier kommt einer meiner Freihandversuche mit der Z7 und dem 24-70-er. (ISO 100, Blende 5.0, 1/60 sec. bei 35 mm). Hier halten sich die Artefakte in Grenzen.
Das winterliche Bild am Maisweg ist schon älter. Es entstand mit der D800 und der 50-er Normalbrenweite (Nikkon 1:1.4 G, Blende 6.3, ISO 100 1/200 sec.). :
Fazit : Windstill muss es sein. Äste und Zweige im Vordergrund sollte man vermeiden und wenn es geht sollte man ein Stativ einsetzen.
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