Eigentlich wollten wir Mitte Juli, so ab dem 16-ten, für einige Tage zum Wandern in den Westerwald. Wir hatten auch schon eine Unterkunft gebucht, aber leider machte uns die Wupper einen Strich durch die Rechnung …..
Die letzten Wochen waren wettermäßig gesehen eher feucht und der Fluss führte reichlich Wasser. Ab Montag dem 12. Juli erfolgten Wetterprognosen denen zufolge wegen enormer Regenmengen ein Hochwasser drohte. Am 14. Juli regnete es tagsüber den ganzen Tag Bindfäden und spätnachmittags bewaffnete ich mich mit einem großen Regenschirm und unternahm einen Spaziergang entlang der Wupper. Das Wasser war deutlich angestiegen und hatte zum zweiten Mal innerhalb der letzten Jahre das Gelände der nahegelegenen Paul Klee Schule überflutet. Der Weg auf der gegenüberliegenden Wupper Seite war gerade noch passierbar. Unterwegs machte ich mit dem Handy einige Bilder von den in Richtung Rhein strömenden Wassermassen.
Wieder zu Hause angekommen sah ich auf meiner NINA-App eine Warnung vor massiven Überflutungen für den Bereich Leichlingen. Auch wenn der Wupper Deich die letzten 100 Jahre gehalten hatte, so war doch eine Flutung des Kellers und unserer Tiefgarage zu befürchten. Als erstes entfernte ich den Wagen aus der Tiefgarage und parkte ihn an einer leicht erhöhten Stelle vor dem Haus. Aus dem Keller rettete ich Teile meiner Märklin Eisenbahn und die Reserve-Bettwäsche. Leider war ich nicht konsequent genug um unseren Keller komplett leer zu räumen. Als ich zum zweiten Mal runter wollte um Sachen zu bergen lief schon Wasser aus der Schleuse der Tiefgarage in den Keller. Zu spät, so konnte ich das Drama nur noch beobachten und im Bild festhalten. Als der Wasserstand den Lichtschalter erreichte, gab es prompt einen Kurzschluss und das Licht im Treppenhaus fiel aus. Als ich danach rauf in das Erdgeschoss ging hörte ich unten nur noch einen Knall und sah eine eine kleine Flutwelle in den Kellervorraum schwappen. Der Wasserstrand in der Schleuse mußte wohl bis zur Decke gegangen sein und hatte die die Tür aus dem Rahmen gedrückt. Das gleiche passierte später mit der Tür zum Keller und flutete diesen ebenfalls bis unter die Decke.
Von unserer Wohnung im 2. Stock aus konnte ich verfolgen wie die Wupper durch die Siedlung floss und alle aus den Tiefgaragen entfernten Autos absoffen. Die Wupper hatte den Deich an unserem Haus um etwa einen Meter überflutet. Sie floss jetzt durch die gesamte Innenstadt von Leichlingen und nahm auch Besitz von der Hauptdurchgangsstrasse. Zu allem Unglück kam es dort in der Nacht noch zu einem Brand (siehe Beitragsbild) bei dem ein Bewohner ums Leben kam. Wegen der andauernden Überflutung konnte der Brand erst am nächsten Vormittag unter zu Hilfenahme eines Löschhubschraubers unter Kontrolle gebracht werden.
So um etwa 3 Uhr nachts war der Höchststand erreicht. Wir hatten Glück das die Erdgeschosswohnungen in unserem Mehrparteienhaus nicht geflutet wurden und diese nicht evakuiert werden mußten. Andere Häuser in der Siedlung hatten nicht so ein Glück, insbesondere bei den Reihenhäusern und den frei stehenden Einzelhäusern stand das Wasser bis zu 80 cm hoch im Wohnzimmer.
Allen Häusern gemeinsam war ein totaler Stromausfall, Ausfall von Telefon, TV und Internet, sowie eine Unterbrechung der Warmwasserversorgung. Am Nachmittag des Folgetages sank der Wasserstand der Wupper soweit ab, das man sich mit Gummistiefeln oder Wupperwasser tauglichen Turnschuhen aus dem Haus trauen konnte. Dabei war aber Vorsicht geboten, denn an einigen Stellen war der Weg unterspült und wenn man in ein Loch trat so stand man bis zu den Knien im Wasser.
Einen Tag später, nach dem die Wupper hinter den Deich zurück gekehrt war, liefen bei uns die Hilfsmaßnahmen an. Ein THW-Hilfstrupp aus Niedersachsen pumpte unseren Keller / Tiefgarage leer. Darüber hinaus rückten viele freiwillige Helfer heran und halfen wo sie konnten. Besonders taten sich 2 Mitbewohner in der Siedlung hervor die die ganzen Hilfsmaßnahmen koordinierten und auch teilweise Gerätschaften organisierten. Auch Hausverwaltung und Hausmeisterservice taten was sie konnten.
Ich lieh mir eine Sackkarre und startete das Ausräumen des Kellers, wobei mich dann einer meiner Söhne unterstützte. Da blieb fast nichts übrig und alles landete auf einem großen Sperrmüll-Haufen auf dem Parkplatz vor den Häusern. Waschmaschine und Trockner waren natürlich ebenfalls ‚hinne‘.
Was die Essensversorgung anbelangte erwies sich ein von Petras Sohn ausgeliehener Campinggaskocher als extrem hilfreich. Es gab dann halt nur Rezepte die mit einer Flamme gekocht werden konnten. Der Kaffevollautomat ging ohne Strom natürlich auch nicht und ich ging morgens zu Filterkaffee über. Damit versorgte ich dann einen Teil der schon etwas älteren Mitbewohnerschaft.
Zum Glück war der Aldi-Laden, ganz im Gegensatz zum Lidl, von der Überflutung verschont geblieben und ich konnte für unsere Grundbedürfnisse einkaufen. Der Inhalt der Tiefkühltruhe mußte entsorgt werden und nachts benutzten wir den Balkon als „12 Grad Kühlschrank“.
Auch wenn ich es zunächst nicht wahrhaben wollte so war unser Audi ein Totalschaden. Die Abwicklung mit der Versicherung verlief vorbildlich. Ein nach einer Woche vorbei schauender Gutachter der Teilkasko Versicherung bestätigte dies. Zum Glück hatten wir eine entsprechende Elementarschadens Klausel in unserem Vertrag. Nach etwa 3 Wochen war das Geld da, der alte Wagen von einem Verwerter abgeholt und wir hatten uns einen Jahreswagen bei VW gekauft.
Da der Sohn in Urlaub war konnte ich dessen Auto für die zweite Woche übernehmen. Auch was die sonstige Infrastruktur anbelangt ging es nach 1½ Wochen langsam aufwärts und wir bekamen zumindest in den Wohnungen wieder Strom. Nach 2 Wochen konnten wir auch wieder warm duschen und nachdem NetCologne die abgesoffenen Verteilerkästen in Keller erneuert hatte gab es nach knapp 3 Wochen wieder TV und Internet.
Im Ort sah es katastrophal aus. Die Geschäfte in der Innenstadt hatten alle unter Wasser gestanden. Erst Corona und jetzt das. Da wird sicherlich der ein oder andere Laden auf der Strecke bleiben. Ging man durch die Stadt so hörte man am ersten Tag das Brummen der Pumpen die die Keller leer pumpten. In den folgenden Tagen wurde dieser ‚Sound‘ durch das Geräusch der Presslufthämmer ersetzt, mit denen in den Erdgeschossetagen der Estrich raus gestemmt wurde.
In vielen neueren Wohnungen müssen auch alle Rehgips Leichtbauwände abgebrochen und erneuert werden. So wurde vor unserem Haus die Müllberge durch Schuttberge aus Abbrucharbeiten ersetzt.
Die Wupperbrücken im Ort waren einer harten Belastungsprobe unterzogen worden. An der Marly-le-Roi Brücke hatte sich die Wupper aufgestaut und die Brücke geflutet. Der Fluss teilte sich hier in drei Hälften, eine unter der Brücke hindurch und je einer links und rechts dran vorbei durch den Ort. Wie zu hören war nahm die Statik der Brücke aber keinen Schaden.
Auch wenn alles nunmehr langsam wieder aufwärts ging so drückten die überall herum liegenden Müll- und Abfallberge doch etwas auf unser Gemüt. Wir beschlossen daher kurzfristig den abgesagten Wanderurlaub wieder aufzunehmen. Dieses Mal buchten wir eine Woche in der Rhön und werden am nächsten Dienstag nach Bad Kissingen aufbrechen.
Fazit : Vergleicht man unsere Situation mit der in anderen Überschwemmungsgebieten so ist mein Bericht sicher ein Jammern auf hohem Niveau. Wer keine Elementarschadensversicherung hat sollte sich schleunigst eine zulegen.
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Danke für deinen Bericht. Das ist aus einer „vertrauten“ Quelle doch noch mal etwas anderes. Und du hast die Geschehnisse ja auch in bewährter Weise protokolliert – man merkt die Blog Erfahrung. Und auch wenn es andere schlimmer getroffen hat, ich bin heilfroh, dass ich in Düsseldorf trocken und schadlos geblieben bin und uns auch dein Malheur erspart blieb. Ich hoffe, ihr könnt den Urlaub geniessen! Du wirst berichten …