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Focus Stacking Workflow an der Nikon Z7

Alles ganz scharf oder was ??

AUTOR : Helmut Wegmann            GESCHÄTZTE LESEZEIT : 8 Minuten, 46 Sekunden

   Provisorischer Aufbau im Badezimmer

Die grundsätzliche Vorgehensweise für Focus-Stacking an der Nikon Z7 wird hier beschrieben …

1. Einleitung

Bei vielen meiner Landschaftsbilder ärgerte ich mich ein wenig wenn da nicht alles scharf war. Entweder ist die Bank im Vordergrund schön scharf und der Hintergrund halt nicht, oder es ist umgekehrt. Focus Stacking ist eine Methode bei der dies vermieden werden kann. Es werden dabei mehrere Einzelaufnahmen mit unterschiedlichen Schärfeebenen erstellt die dann am Rechner zu einem Bild zusammen gefügt werden. In dem geschilderten, einfachen Fall : ein Bild mit der scharfen Bank und eines mit dem scharfen Hintergrund.

Da die Schärfentiefe drastisch mit dem Abbildungsmaßstab (Verhältnis zwischen Bildgrösse und Objektgrösse) abnimmt, kann die Anzahl der erforderlichen Aufnahmen deutlich steigen. Schon bei einer Blume kommt man schnell auf 30 bis 50 Bilder. Bei Landschaftsaufnahmen sind es nur selten mehr als drei.

2. Nur wenn’s nötig ist !!

Wie sich noch zeigen wird, ist das Ganze mit einem ziemlichen Aufwand verbunden. Es sollte also nur gestackt werden wenn es unbedingt erforderlich ist. Am einfachsten erhöht man die Schärfentiefe durch Abblenden. Wegen der Beugung des Lichtes an der kleiner werdenden Blende geht dies jedoch nur bedingt. An der Z7 wird bei Blende 5.6 die beste Abbildungsqualität erreicht (diverse Test der bisher erhältlichen S Objektive im Internet).

Um mich von dem Ausmaß der Qualitätsverschlechterung bei weiterem Abblenden zu überzeugen, machte ich mit dem 24-70 mm f4 S Objektiv bei 50 mm einige Testaufnahmen von Blende 5.6 bis 22. Hier die beiden extremsten Beispiele :

1:1 Ausschnitt bei 50 mm mit Blende 5,6

1:1 Ausschnitt bei 50 mm mit Blende 22

Meine Wertung wäre :
Blende 22 : nicht zu verwenden
Blende 16 : sollte vermieden werden
Blende 11 : geht noch so
Blende 8 und vor allem 5.6 sind optimal

Im nächsten Schritt suchte ich mir die Hyperfocalen Distanzen für die drei verwendbaren Blenden bei gängigen Brennweiten raus :

© Photo Pills
BrennweiteBlende 5.6Blende 8Blende 11
24 mm 3,4 m 2,4 m  1,7 m
35 mm  7,3 m 5,1 m  3,6 m
50 mm14,8 m10,5 m  7,4 m
70 mm28,9 m20,5 m 14,5 m

 

 

Die Bedeutung der Hyperfokalen Distanz ist links für 24 mm Brennweite bei Blende 11 graphisch dargestellt. Stellt man am Objektiv die hyperfokale Distanz als Entfernung ein, so wird alles hinter dieser Entfernung bis unendlich scharf abgebildet. Die Tiefenschärfe beginn aber schon bei der Hälfte der hyperfokalen Distanz, d.h, ab der Hälfte dieser Distanz ist bis unendlich alles scharf.

In dem grafischem Beispiel links ist bei 24 mm und Blende 11 von 0,85 m bis unendlich alles scharf.

In der Praxis bedeutet dies das bei 24 mm Brennweite ein Fokus Stacking nur Sinn macht wenn man auch noch etwas scharf bekommen möchte was näher als 0,85 m an der Kamera liegt. Das dürfte in der Landschaftsfotografie nicht so häufig der Fall sein. Im Zweifelsfall sollte man immer versuchen die hyperfocale Entfernung und Abblenden bis 11 zu verwenden. Ist hierfür wegen der Lichtverhältnisse ein Stativ erforderlich (und auch dabei) so kann es allerdings nichts schaden 2 – 3 Aufnahmen mit unterschiedlichen Entfernungseinstellungen zu machen.

3. Drei Anwendungsfälle

Bevor man nun mit den Aufnahmen zum Stacking anfängt noch eine wesentliche Einschränkung. Die Motive müssen statisch sein ! In dem Bild sollte sich nichts bewegen. Das Stacking einer Blume die sich auch nur etwas im Wind bewegt ist aussichtslos. Auch eine Landschaftsaufnahme mit Gras oder Büschen im Vordergrund die sich im Wind bewegen dürfte kaum gelingen. Das gleiche gilt natürlich auch für vorbeiziehende Wolken. Bei Landschaftsaufnahmen sollte es windstill sein.
1. Abbildungsmaßstab kleiner 1:10, d.h. Sachaufnahmen, Blumen etc. mit Makroschlitten
2. Bei Landschaftsaufnahmen mit Stativ und Vordergrund
3. Freihandaufnahmen in der Landschaft ohne unruhigen Vordergrund unter Verwendung der Fokusbracketing Funktion.
Gegenstand dieses Blog-Beitrages ist der 1. Fall. Über Stacking von Landschaftsaufnahmen werde ich in einem weiteren Beitrag noch etwas schreiben.

4. Software und Hardware

Als Software zum „Zusammenbauen“ der Einzelaufnahmen habe ich mir Helicon Fokus gegönnt. Da die unbegrenzte Lizenz über 100 Euro kostet, sollte man zunächst mal von der dreiwöchigen, kostenlosen Probeversion gebrauch machen.

Snapbridge

Photo Pills
Helicon Focus

Für mein Handy habe ich mir noch Photo Pills zugelegt (11 Euro). Die Möglichkeiten dieses Programms habe ich noch nicht mal „angeritzt“. Ich verwende es um Tiefenschärfetabellen und Werte für die Hyperfokale Distanz verfügbar zu haben.

Von Nikon gibt es noch das kostenlose Snapbridge. Ich benutze es um die Kamera auszulösen. Für die Entfernungseinstellung / Fokussierung von Stacking Aufnahmen wäre mir Snapbridge zu ungenau. Auch die Geodaten der Aufnahme werden vom Handy in die Bilddatei geschrieben und zwar unabhängig vom Stacking.

Stativ und Kamera ist vorhanden. Als Objektiv ist im Grunde genommen jedes Objektiv geeignet. Ich habe als Standard zur Z7 das im Kit erworbene 24-70-er Zoom. Das ist sehr scharf und gut geeignet. Ein 105-er Makro von Nikon ist noch aus meiner D800 Ausrüstung vorhanden. Da es mit dem FTZ-Adapter an der Z7 gut funktioniert werde ich es behalten.  Es ist, was Stacking anbelangt, aber nur für kleinere Gegenstände erforderlich.

Von Novoflex habe ich schon seit längerer Zeit einen Einstellschlitten. Der kostete zwar ca. 170 Euro ist aber ein stabiles Teil das man sich wohl nur einmal im Leben kauft. Passend dazu gibt es noch einen L-Winkel :

Novoflex Einstellschlitten; Z7, 24-70 mm F4 S / Bl. 5,6 bei 70 mm / ISO 100 / 1/4 sec / Stativ / Selbstauslöser / 5 Einzelbilder / manuelle Fokussierung
Novoflex L-Winkel, 24-70 mm f/4 / Blende 11 bei 70 mm / ISO 100 / 2 sec. / Stativ / Autofokus / 10 Einzelbilder

Die beiden obigen Bilder wurden von mir, wer hätte es gedacht, per Fokus Stacking gemacht. Dabei wurde etwas geschludert. Wenn man genau hinschaut, so sieht man das die Anzahl der Einzelaufnahmen deutlich zu gering war.

5. Überlegungen im Vorfeld

Bestimmung der Schärfentiefe mit Photo Pills.

Wenn man sich nun für eine Stacking Aufnahme entschlossen hat, so sollte man sich als erstes überlegen wie viele Einzelaufnahmen da wohl erforderlich sein werden. Für das obige Bild des Einstellschlittens möchte ich dies hier mal kurz machen. In Photo Pills wähle ich den Unterpunkt Klassische DOF (Deepth of Field = Schärfentiefe). Als Kamera ist die Z7 ausgewählt. Brennweite wird 70 mm sein und Blende 5.6 weil dort die Abbildungsleistung des Objektivs am besten ist. Man misst die zu erwartenden Bildtiefe kurz mit dem Zollstock oder schätzt. Ebenso die Entfernung des Schlittens von der Kamera, diese liegt bei ca. 50 cm. Diesen Wert gibt man bei Photo Pills ein. Das Ergebnis ist ernüchternd. Die Schärfentiefe beträgt bereits hier lediglich 2 mm. Bei einer Bildtiefe von geschätzt 8 cm sind somit 40 Einzelbilder erforderlich.

Nun denn, ich habe dann etwas geschludert und nur 5 Bilder gemacht. Das sieht man aber am PC bei genauer Betrachtung deutlich. Für den L-Winkel machte ich dann 10 Bilder bei Blende 11 (Schärfentiefe 4 mm).

6. Workflow für eine Blume

Petra hatte eine ganz toll blühende Amaryllis angeschafft. Die war jetzt das Objekt meiner fotografischen Begierde. Die Anzahl der erforderlichen Einzelbilder lag bei 40 (70 mm Brennweite / Blende 5,6 / Objekttiefe 8 cm / Entfernung ca. 60 cm / Schärfentiefe 2 mm). Damit war mir klar : das macht man nicht mehr mit Fokussierung an der Kamera.

Also wird wie folgt vorgegangen :
1. Die Kamera wird auf dem Einstellschlitten montiert und dieser kommt auf ein Stativ.
2. Die Kamera wird auf dem Schlitten auf den am weitesten von der Blume entfernten Punkt geschoben. Der Bildausschnitt wird festgelegt. Hierzu kann auch die Blume ein wenig bewegt werden.
3. Belichtungseinstellungen an der Kamera erfolgen manuell : ISO 100 / Blende 5,6 / Belichtungszeit 1/3 sec.
4. Der Autofokus der Kamera wird am Objektiv abgeschaltet. Über den Sucher wird mittels der Bildschirmlupe der vorderste Punkt der Blume avisiert (dieser muss an der Blume sorgfältig ausgesucht werden). Am Objektiv wird manuell auf diesen Punkt scharf gestellt. Danach packt man das Objektiv nicht mehr an !!
5. An der Kamera wird das WLAN angestellt und das Handy wird mit diesem WLAN verbunden. In Snapbridge wird der Punkt „Fernauslösung“ angewählt. Es dauert ein Weilchen bis Kamera und Handy miteinander kommunizieren.
6. Mit dem Handy wird das erste Bild ausgelöst.
7. Danach wird der Einstellschlitten mit der Kamera näher an die Blume heran gefahren. Man wartet ca. 2 sec. und macht die nächste Aufnahme. Beim Heranfahren muss man unter der ermittelten Tiefenschärfe (2 mm) als Schrittweite bleiben. Ich kam dabei auf 55 Bilder.
8. Am Ende der Serie sollte im Sucher oder auf dem Monitor kontrolliert werden ob man mit der Schärfe am Ende des gewünschten Bereiches angekommen ist. Ggf. noch ein par Bilder dranhängen.
Wenn man mit den Aufnahmen fertig ist, so werden die Bilder, wie in einem anderen Beitrag beschrieben, in das DNG-Format umgewandelt und in Lightroom importiert. In Lightroom werden die Bilder nochmals kontrolliert, ggf. kann das ein oder andere aussortiert werden. Der von Lightroom angebotene Transfer nach Helicon Focus funktioniert bei mir nicht.
9. Die zum Stacking vorgesehenen Bilder werden von Lightroom als unbearbeitete DNG-Files in ein Verzeichnis „Stack-01“ auf dem Desktop exportiert.
10. Helicon Focus wird gestartet und die Bilder werden von diesem Programm aus importiert.
11. Das Stacking wird gestartet durch „Rendern“. Von den Einstellungen her belasse ich es bei den Standard-Einstellungen von Helicon-Focus.
12. Nach Abschluss des Renderns wird das gestackte Bild als DNG gespeichert und erneut in Lightroom importiert. Wenn das Ergbnis soweit o.k. ist werden alle Einzelaufnahmen die sich auf dem Rechner befinden gelöscht.
13. Die DNG-Datei kann in Lightroom wie gewohnt bearbeitet werden (Schärfen, Auschnitt festlegen, Belichtung, Klarheit, Dynamik, Kontrast etc. etc.).

In der Regel wird man um eine Nachbearbeitung in Photoshop (bei mir Photoshop Elements 15) nicht herum kommen. Es wird wohl immer Bereiche mit Halos geben. Diese markiere ich (Lasso-Funktion) und fülle sie mit der Hintergrundfarbe. Diese sollte möglich gleichmäßig sein, sonst wird es schwierig. Auch unerwünschte Blütenteile habe ich entfernt.

Das Ergebnis sah dann so aus :

Amaryllis gestackt und in Photoshop Elements bearbeitet

Wer möchte kann sich das Bild in voller Auflösung (20 MB) als Zip-File runter laden : Amaryllis-20MB. Da kann man dann richtig in den Blütenkelch rein fahren.

Wenn man den Hintergrund bearbeiten möchte, so sollte man die Blume mit dem magnetischem Lasso markieren, kopieren und in einem neuen Bild mit transparentem Hintergrund einfügen. Bei den Bildern vom Einstellschlitten und dem L-Winkel habe ich dies getan, den Hintergrund allerdings transparent gelassen, Dazu ist dann ein Export in das png-Format erforderlich.

7. Weitere Beispiele

Weil es so schön ist hier noch eine Kaktusblüte. Da hier die Blüte deutlich kleiner ist, habe ich das Makro Objektiv verwendet :

Kaktusblüte (Aufnahmen mit 105-er Makro von Nikon)

Nach Anschaffung der Nikon Z7 werde ich einige meiner alten Objektive verkaufen. Hier eine gestackte Aufnahme der 20 mm Festbrennweite :

AF Nikkor 20 mm f/2.8D

Da sieht man wirklich jedes Staubkorn. Also bei solchen Aufnahmen : vorher Staub wischen !

Das bestätigte auch mein nächster Versuch. Hier wurde eine meiner Modeleisenbahn-Loks aus dem Keller geholt und mit einem Pinsel von Staub befreit. Viel geholfen hat es nicht. Für das Stacking waren 100 Bilder nötig. Nachbearbeitung erfolgte in Fotoshop. Dabei wurde der Hintergrund ausgetauscht :

Märklin Tender Lok.

8. Literatur

Vor 10 Jahren hatte ich mir von Jürgen Gulbins – Rainer Gulbins das Buch : Multishot-Techniken in der digitalen Fotografie  zugelegt. In 2017 ist eine neue Auflage erschienen.

Auf der Website Eifelpanorama gibt Ronald Wasserrab eine dreiteilige Einführung zum Thema Fokus Stacking. Er richtet sich in erster Linie an Nutzer von Photoshop (der Vollversion) zum Stacken.

Auf PetaPixel gibt  Christian Hoiberg eine Einführung in das Stacking mit Schwerpunkt auf der Landschaftfotografie. Der Artikel ist auf Englisch.

Es gibt da noch viel, viel mehr zumLesen. Im Zweifelsfall hilf Google weiter.

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  1. Hallo Helmut,

    über den Hinweis auf meine Website http://www.eifelpanorma.de habe ich mich gefreut. Ich weiß, dass mein Name nicht ganz einfach ist. Deshalb erlaube ich mir die Korrektur: Nicht Roland Wasserraab, sondern Ronald Wasserrab iat die richtige Schreibweise.

    Deine interessante Website werde ich gerne öfters „konsultieren“.

    Herzliche Grüße

    Ronald

  2. Hans-Jürgen Flach

    Guten Morgen Herr Wegmann,
    habe über das DSLR-Forum ihr Tutorial gefunden.
    Finde die Anleitung sehr gut, vielen Dank.
    mfG
    H.-J. Flach

  3. Jochen Gerber

    Hallo,
    mich würde der Workflow mit der internen Funkion der Kamera interessieren, 100 Bilder von Hand mit Schlitten sind ja nicht so einfach.
    Leider geht das Stacking nicht mit dem MF, der die scharfgestellten Bereich farblich kennzeichnet. Beim AF bin ich mir nicht sicher ob das immer richtig bzw. möchte ich den Beginn etwas vorverlagern, was bei AF ja nicht geht.
    mfg Jochen

  4. Helmut Wegmann

    Hallo Jochen !
    Genau so mache ich es auch. Ich fokussiere von Hand mit der Lupe auf den am nächsten gelegenen Bildteil. Dann gehe ich in der Regel etwas weiter weg und starte meine Aufnahmen. Den Schlitten bewege ich manuell um etwa 1-2 mm. Die Bilder werden dann in Ligthroom auf Schärfe kontrolliert und die ersten verwerfe ich. Das mit den 100 Bildern von Hand ist für mich kein Problem.
    Das mit der farblichen Markierung des Schärfebereiches ist m.E. ein Gimmick welches nichts bringt, der AF funktioniert bei mir in diesem Bereich ebenfalls nicht.
    mfg
    Helmut

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