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Fokus Stacking mit Fuji GFX 100SII

Das Bessere ist des Guten schlimmster Feind ....

AUTOR : Helmut Wegmann            GESCHÄTZTE LESEZEIT : 7 Minuten, 46 Sekunden

   Fuji GFX100SII gestackt mit Nikon Z7

Vor etwa einem ¾ Jahr, also Ende 2024, konnte ich nicht widerstehen und folgte dem Prinzip, daß das Bessere der schlimmste Feind des Guten ist und erstand zusätzlich zu meiner Nikon Z7 eine Fuji GFX 100SII. Dies ist eine handliche, digitale Mittelformatkamera deren Sensor um den Faktor 1.7 größer ist als der von herkömmlichen Vollformatkameras. Die Bildqualität dieser Kamera ist nochmals deutlich besser als die von guten Vollformatkameras. Ich hatte die Kamera bei den letzten 20 Wanderungen dabei und verwendete sie dabei u.a. für Fokus-Stacking-Aufnahmen im Landschaftsbereich. Hier leistet die kamerainterne Bracketing-Software gute Dienste. Gegenstand dieses Blogg-Beitrags soll das Fokus-Stacking vom Stativ im Heimbereich sein, d.h. Abbildungsmaßstäbe kleiner 1:10 (Food, Schmuck, Spielwaren, Briefmarken, Blumen etc.).

1. Vorüberlegungen

Zu der Kamera erstand ich 3 Zoom Objektive von Fuji, das 20-35 F4 Weitwinkelzoom, das 32-64 F4 Normalzoom und das 100-200 F5.6 Telezoom. Darüberhinaus als lichtstarke Linse das 110 F2 Tele. Die Vergrößerungsmaßstäbe und die Abbildungsmaßstäbe der einzelnen Linsen lauten wie folgt :

Das zuletzt genannte GF 120 F4 Makro Objektiv wäre natürlich optimal, leider besitze ich es nicht. Von meinen Linsen bietet das Tele-Zoom den besten Abbildungsmaßstab. Bei diesem Maßstab und einer Sensorgrösse von 44 mm × 33 mm kann ich ein Objekt der Größe 22 cm × 16.5 cm formatfüllend abbilden. In Verbindung mit dem Crop-Potential des 102 Megapixelsensors sollte dies für Foodfotografie, Spielwaren und Blumen ausreichen. Bei Briefmarken und Schmuck wird es langsam kritisch. Das wären dann wohl eher Motive für die Nikon Z7 mit ihrem MC 105/2.8 S Objektiv.

2. Kameraeinstellungen

Es soll also um Aufnahmen im Abbildungsmaßstab von 1:20 bis 1:5 gehen für die das Fuji GF 100-200 mm Telezoom verwendet werden wird. Bei diesem Objektiv muss am Objektiv der Fokusbereichsauswahlschalter auf FULL gestellt werden um auch im Nahbereich fokussieren zu können. Der Schalter für die Bildstabilisierung sollte auf OFF gestellt werden da vom Stativ fotografiert werden soll. Zur Verbindung von Kamera mit Stativ kann man den mitgelieferten Stativmanschettenfuß verwenden, muss man aber nicht. Ich habe die Kamera zunächst direkt auf mein Gitzo-Traveller „geschraubt“, später aber auch den Manschettenfuß verwendet. Letzteres würde ich dringend empfehlen, da der Aufbau dann deutlich besser ausbalanciert ist. Einige der Einstellungen an der Kamera habe ich bildlich dargestellt:

 
Modusschalter auf STILL und Moduswählrad auf A
Fokuswahlschalter auf S und nicht auf C
Am Blendenring des Objektives auf 5.6 gehen
Mit Menu-Taste auf Einrichtung->Tasten/Rad-Einstellung
In TASTEN/RAD-EINSTELLUNG auf BEDIENRAD-EINST.. gehen
In BEDIENRAD-EINST. für das hintere Rad ISO auswählen
Im Schulterdisplay sollte F5.6, ISO 80, A und RAW angezeigt werden

Der Moduswahlschlater muß natürlich auf STILL stehen und nicht auf Movie, da wir ja keinen Film machen wollen. Das Moduswahlrad stellt man auf A, d.h. Blendenvorwahl oder auch Zeitautomatik genannt. Da ein nicht bewegliches Objekt fotografiert werden soll, steht der Fokuswahlschalter auf S (Einzel-AF) und nicht auf C für kontinuierliche Nachführung. Am Blendenring des Objektives wählt man 5.6 oder 8 je nach Motiv und Anzahl der zu erwartenden Aufnahmen.

Als ISO sollte man den Base-ISO von 80 einstellen. Die Festlegung des ISO-Wertes habe ich mir auf das hintere Einstellrad gelegt. Wie dies funktioniert ist in 3 Bildern dargestellt (MENÜ=>Einrichtung=>Tasten/Rad-Einstellung=>Bedienrad-Einst.=>Hinteres Bedienrad auf ISO).

Wegen der späteren Weiterverarbeitung der Bilder in Lightroom/HeliconFocus sollte die Bildqualität auf RAW eingestellt werden. Dies geschieht über MENÜ=>I.Q. Bildqualitätseinstellung=>Bildqualität : RAW.

Das Schulterdisplay auf der Kamera sollte nun F 5.6, ISO 80, A und RAW anzeigen. Der Weißabgleich steht auf Automatik, ist aber wurscht da in RAW fotografiert wird.

Nun muß noch sichergestellt werden, daß die Vorgaben für das Fokusfeld richtig eingestellt sind. Unter MENÜ=> AF/MF-Einstellung=>AF Modus wird : EINZELNER PUNKT ausgewählt.

3. Aufnahmen

Nun kann es endlich losgehen. Als Motiv wählte ich einen „Strammen Max“ dessen Rezept in meine Kochdatenbank aufgenommen werden sollte. Es sollte das fertige Gericht fotografiert werden.

Was die Beleuchtung anbelangt treibe ich nur wenig Aufwand. Ich bevorzuge Tageslicht was am besten bei bedecktem Himmel ohne ständig wechselnde Beleuchtung funktioniert. Schatten werden von mir, falls erforderlich, mit einer LED Dauerleuchte aufgehellt. Am einfachsten ist die LED Lampe meines Handys. Echte Profis machen da natürlich mehr. Das Internet ist voll mit entsprechenden Angeboten.

Vor der Auslösung muß noch der Selbstauslöser aktiviert werden. Durch Drücken der Q-Taste – Schnellmenü werden 16 Einstellungsmöglichkeiten angezeigt. Mit dem Fokusstick navigiert man sich zu dem Selbstauslöser (unten links). Danach wählt man mit dem hinteren Einstellrad die gewünschte Vorlaufzeit für den Selbstauslöser ( 2 oder 10 sec) und bestätigt mit der MENÜ/OK Taste.

Nun werden durch Drücken der Taste auf dem Fokusstick die möglichen Fokusfelder angezeigt. Das gewünschte Feld wird ausgewählt und es wird ausgelöst. Und weiter gehts. Je nach der räumlichen Tiefe des Motivs können bis zu 30 Einzelbilder erforderlich sein. Bei meinem „Strammen Max“ kam ich mit 15 Bildern aus.

4. Bildbearbeitungen

Die Einzelbilder werden nun in Lightroom importiert. Dort erfolgt die Bearbeitung eines einzelnen, ausgewählten Bildes, üblicherweise das erste aus der Serie. Zunächst werden unter Tonwerte Schwarz- und Weißpunkt festgelegt, dann Belichtung, Lichter und Tiefen angepasst. Wichtig ist, daß die einzelnen Bilder gleich belichtet sind (Stichwort natürliche Beleuchtung : wenn da zwischendurch mal die Sonne hinter einer Wolke hervor lugte, passt das natürlich nicht mehr und muss ggf. angepasst werden).

Weiterhin werden Klarheit und Dynamik nach oben angepasst und es wird geschärft. Danach wird der Bildausschnitt festgelegt und es wird gerade ausgerichtet. Dann werden die Entwicklungseinstellungen kopiert und auf die anderen Bilder der Serie übertragen.

Für das anschließende Stacking bieten sich mir 2 Möglichkeiten an : a) mit HeliconFocus oder b) mit Adobe Photoshop. Photoshop ist gut geeignet bei weniger als 10 Einzelbilder bei denen die Einzelbilder gegeneinander versetzt sind, z.B. bei Fotos die ohne Stativ aufgenommen wurden. Die werden von diesem Programm besser überlagert als von HeliconFocus. Dafür ist HeliconFocus in der Verarbeitungsgeschwindigkeit um Größenordnungen schneller und liefert die kleineren Tiff Dateien. Die sind bei Photoshop oft über 1 GB groß, auch wenn die einzelnen Ebenen nach dem Überlagern gelöscht werden. Es gilt folgende Regel :

Stativaufnahme                    ===>          HeliconFocus

Freihandaufnahme              ===>          Photoshop

Daher werden alle Bilder Serie markiert und zur Bearbeitung in HeliconFocus exportiert. Der Export erfolgt als 8 bit TIFF ohne Komprimierung und ohne Einschränkungen der Bildgröße, Ausgabebildschärfe : Bildschirm, Stärke hoch.

Per drag&drop werden die 15 Bilder in HeliconFocus importiert und mit Methode B gerendert. Danach geht man auf speichern und fertig. Das gestackte Bild wird als TIFF exportiert und war in meinem Beispiel 305 MB groß.

Strammer Max - fertig gestackt.
Strammer Max – fertig gestackt.

Die TIFF Datei wird dann wieder in Lightroom importiert. Die einzelnen Bilder werden von mir fast immer gelöscht. Aus Lightroom wird dann in gewünschter Größe je nach Anwendungszwecke meist als JPEG exportiert.

5. Bildbeispiele

Das oben gezeigt Beispielbild ist als JPEG 67 MB groß mit 11646 × 8734 Pixeln ungecropt. Das enorme Auflösungspotential zeigt sich an einem 100-% Crop der dann als JPEG immer noch 6.9 MB groß ist :

1:1 Crop des „Strammen Maxes“

In das Originalbild kann man also richtig rein Zoomen ohne das da so schnell was verpixelt. Die Grenzen meiner Ausrüstung lotete ich bei der Abbildung einer Briefmarke aus. Die hatte mit 33 mm in etwa die Abmessungen des Sensors. Mit der 100-200 mm Linse kann maximal wie folgt abgebildet werden :

Briefmarke ohne drop in maximaler Größe mit 100-200 mm Zoom

Für eine größere Darstellung muß mächtig gecropt werden :

Gecropte Briefmarke – fast 1:1

Ein Stack ist dann nicht mehr möglich, d.h. das zu fotografierende Objekt muß plan liegen und alles muß in der Schärfeebene liegen, was bei einer Briefmarke aber kein Problem sein sollte. Bei Schmuck z.B. dürfte dies anders aussehen.

Als nächstes machte ich mich an eine Blume auf unserer Terrasse heran. Die Lichtverhältnisse waren so, daß ich längere Belichtungszeiten brauchte und die Einzelaufnahmen schon nicht genügend scharf waren. Also wurde die Blume ins Wohnzimmer verfrachtet und dort gestackt.

Stack einer Blume – leicht gecropt.

Die ausgewählte Blume wies nur eine geringe Tiefe auf. Der Stack ist zwar schärfer als die Einzelaufnahmen, aber eine Abblendung auf 16 hätte hier wohl auch gelangt. Für kleinere Blumen würde ich ein Stack mit der Z7 und deren Makro vorziehen.

Als nächstes nahm ich mir einige Sachaufnahmen vor. Was wäre da ein besseres Motiv als meine neu erstandenen GF-Objektive :

 
Weitwinkelzoom GFX 20-35 F4 - gestackt mit Photoshop
Normalzoom 32-64 F4 - mit HelicoFocus gestackt
Leichtes Tele GF 110 F2 - gestackt mit HeliconFocus

Beim Stacken der Einzelaufnahmen des Weitwinkelzooms ergaben sich mit HeliconFocus einige unschöne Artefakte. Ich versuchte daher PhotoShop und erhielt bessere Ergebnisse. Hat zwar länger gedauert und lieferte eine größere TIFF Datei. Vergleichbare Erfahrungen hatte ich auch beim Stacken von Landschaftsaufnahmen gemacht : gelegentlich muß man einfach etwas probieren um herauszufinden welches Programm für welches Motiv das Beste ist. Die Vorgehensweise mit Photoshop ist in obigem Link ganz gut beschrieben.

Zu guter letzt kramte ich nochmeine alten Märklin Loks aus der Versenkung empor. Die wurden auf ein par Gleise gesetzt und auf dem Balkontisch gestackt. Wegen der erhöhten Tiefe der Motive nahm ich hier Blende 8, machte aber trotzdem ca. 25 Einzelbilder :

 
Märklin 38184 - Schnellzugokomotive mit Schlepptender
Märklin 3756 - Güterzuglokomotive "Krokodil"
Märklin 3021 - Diesellkomotive V200
Märklin 33041 - Tenderlokomotive BR 80
Märklin 34261 - Triebwagen BRT 859
Märklin 37841 - Dampflokomotive mit Kabinentender BR 051

Insbesondere bei der ersten Lok machte ich die Erfahrung das der Staub der größte Feind des Modellbahners ist. Also vor dem Fotografieren gründlich putzen !!

Nach 50 Einzelauslösungen für die ersten beiden Loks besann ich mich der kamerainternen Bracketing-Funktion. Deren Einstellungen sind im Menü unter : Aufnahme-Einstellungen=>Fokus-BKT-Einstellungen=>Manuell erreichbar. Hier wählte ich für Anzahl der Aufnahmen 30, Schrittweite 10 und Intervall 2 sec. Bei Intervall hatte ich zunächst noch 0 stehen (ist erforderlich für Fokusstacking ohne Stativ im Landschaftsbereich). Da waren die Einzelaufnahmen bei den erforderlichen, längeren Belichtungszeiten unscharf wegen leichter Verwacklungen, ausgelöst durch den Kameraverschluss. Diese Vorgehensweise ist dringend angeraten. Wer will schon 30 Einzelaufnahmen von Hand mit geringfügig verschobenem Fokus machen.

6.  Resumé

Die hier geschilderte Vorgehensweise ist m.E. geeignet für Motive mit Abmessungen von 40 cm bis 5 cm und einer gewissen räumlichen Tiefe. Für kleiner Motive (kleine Blumen, Schmuck etc.) sollte man sich um eine Ausrüstung mit besserem Abbildungsmaßstab bemühen. Bei Briefmarken kommt man mit kleineren Blenden (bis 16) hin, wenn der Abbildungsmaßstab nicht gerade 1:1 ist und die Marke nicht gewellt ist. Hier nochmal meine wichtigsten Parameter zusammengefasst :

Objektiv         :  GF 100-200 F5.6 mit Stativschelle, Bildstabilisator am Objektiv abgeschaltet
Aufnahme     :   Stativ verwenden !! Einzelautofokus S, Selbstauslöser 2 Sek.
Belichtung     :  Base ISO 80, Blende 8, Zeitautomatik A, Aufnahme in RAW
Bracketing     :  Anzahl 30, Schrittweite 10, Intervall 2 Sec.
Software         :  Erst HeliconFocus versuchen, dann ggf. Photoshop

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